Strategien & Hilfe

Miteinander reden

Zuhören und Missverständnisse

Miteinander zu reden – ob mit oder ohne Worte – ist eine wichtige Grundlage für jede Art von Beziehung. Oftmals nehmen wir dies jedoch als völlig selbstverständlich hin und machen uns keine großartigen Gedanken darüber, ob wir auch richtig verstanden werden. So können Missverständnisse entstehen.

Dabei kommt häufig das Gefühl auf, das Gegenüber müsste doch ganz genau wissen, was gemeint ist, und doch redet man glatt aneinander vorbei.
Manchmal liegt es nur daran, dass nicht richtig zugehört wird. Man ist mit den Gedanken woanders oder durch eine Beschäftigung abgelenkt. Aktives Zuhören ist eine der wichtigsten Regeln für ein besseres Verstehen.

Regeln für ein besseres Verstehen

Gespräche sind in jeder Gemeinschaft die Basis für Zusammenhalt und gegenseitiges Verständnis. Das gilt besonders auch für die Familie. Voraussetzung ist, dass die Gesprächspartner:innen sich richtig verstehen, ohne dass Missverständnisse aufkommen. Dafür ist ein aktives Zuhören notwendig. Aktives Zuhören heißt, sich ganz auf die Worte des anderen zu konzentrieren. Mit den Gedanken wo anders zu sein, oder nebenbei eine andere Aufgabe zu erledigen, ist kein aktives Zuhören.

Es geht nicht nur darum, die Worte unseres Gegenübers zu hören. Wir müssen auch versuchen, möglichst neutral zu verstehen, was er oder sie mit ihnen wirklich sagen will. Das funktioniert am besten, wenn wir für einen Augenblick versuchen, in die Gedanken unseres Gegenübers hineinzuschlüpfen.

Meistens ist ungenaues Zuhören der Grund für Missverständnisse. Aber es gibt eine weitere häufige Ursache: Wir hören die Worte des anderen und filtern sie sofort durch die Brille unserer eigenen Erfahrungen und Vorstellungen. Jemand sagt vielleicht voller Freude: „Ich habe mir ein tolles Auto gekauft – ein gebrauchtes.“ Und wir denken sofort an den schrottreifen Gebrauchtwagen, der uns früher angedreht worden ist – und bedauern die Person sofort.

Um die Gefahr von Missverständnissen und daraus entstehenden Konflikten gering zu halten, sind Nachfragen der beste Weg. Sie verdeutlichen nicht nur, dass man zugehört hat, sondern sie tragen zur Klärung bei. Um sicher zu gehen, ob man das Gehörte richtig verstanden hat, fasst man es einfach mit eigenen Worten noch einmal kurz zusammen: „Habe ich das so richtig verstanden? … “

Drücken Sie sich im Gespräch möglichst klar und eindeutig aus. Das beugt Missverständnissen am besten vor. Ein Beispiel: Die Aussage „Man müsste öfter mal bei Mutter vorbeischauen, denn sie schafft das alles nicht mehr so gut“ ist etwas vage und ungenau. Wahrscheinlich wird sich niemand angesprochen fühlen, etwas Bestimmtes zu tun. Klarer wäre: „Mutter kann ihre Einkäufe nicht mehr tragen. Ich kümmere mich am Montag schon um ihre Wäsche. Kannst Du am Dienstag ihren Einkauf erledigen?“

Wenn uns etwas am Verhalten unseres Gegenübers stört oder missfällt, sollten wir es im Gespräch aus unserer Sicht in Ich-Form beschreiben. So können wir direkte Anschuldigungen und „Du bist…“-Vorwürfe vermeiden. Unser Gegenüber muss also keinen Druck fühlen, sich zu rechtfertigen oder zu schützen. Sie oder er hört unsere Sicht und unser Erleben der Situation, und wird eher mit Nachdenklichkeit und Betroffenheit reagieren als mit Abwehr.

Ein Beispiel:
Ich sage nicht „Du bist so herzlos, dass Du Dich nie um irgend etwas kümmerst. Alles bleibt immer an mir hängen.“

Ich sage stattdessen „Ich bin total überfordert und weiß nicht, wie ich Mutters Einkäufe auch noch erledigen soll. Es wäre mir eine große Hilfe, wenn Du Dich Morgen darum kümmern könntest.“

Missverständnisse

Im Alltag erleben wir es immer wieder: Im Gespräch sagen wir etwas und merken an der Reaktion, dass unser Gegenüber uns ganz anders verstanden hat, als wir es meinten. Haben wir uns falsch ausgedrückt? Will die oder der andere uns nicht verstehen? Wenn solche Missverständnisse nicht sofort geklärt werden, entsteht daraus oft sogar Streit.

Wie es zu solchen Situationen kommt, hat der Wissenschaftler Friedemann Schulz von Thun schon vor rund 30 Jahren entdeckt und mit seinem Modell von „Vier Schnäbeln und vier Ohren“ beschrieben: Er geht davon aus, dass jeder Satz, den wir aussprechen, nicht nur eine, sondern tatsächlich vier Botschaften enthält. Einmal die reine Information über die Sache (Sach-Ebene), um die es geht. Dann sagen wir etwas über uns selbst, weil uns die Sache so wichtig ist, dass wir sie ansprechen (Ich-Ebene). Ebenso sagen wir etwas darüber, wie wir zu unserem Gegenüber stehen, weil wir die Sache ausgerechnet ihr oder ihm sagen (Beziehungs-Ebene). Und schließlich erwarten wir, dass unser Gegenüber auf die Information in unserem Sinne reagiert (Appell-Ebene).

Ebenso hört unser Gegenüber unsere Worte nicht mit einem, sondern tatsächlich mit vier Ohren: einem Ohr, das die Sache hört (Sach-Ohr), einem Ohr, das den Gesprächspartner einschätzt (Gegenüber-Ohr), einem Ohr, das klärt, wie er wohl selbst gesehen wird (Beziehungs-Ohr) und einem Ohr, das hört, was der andere vielleicht von ihm erwartet (Appell-Ohr).

Ein einfacher Satz, ausgesprochen mit vier gedachten Schnäbeln und gehört mit vier gedachten Ohren, bietet zahlreiche Möglichkeiten für Missverständnisse. Das klingt kompliziert, ist es aber eigentlich nicht, wie ein Beispiel zeigt.

Gisela kümmert sich seit zwei Jahren regelmäßig um ihre Mutter. Sie hilft ihr in deren Wohnung bei den Haushaltsarbeiten und erledigt die Einkäufe. Giselas Bruder Karl ist geschäftlich viel unterwegs und kann die Mutter nur gelegentlich besuchen. Nach seinem letzten Besuch trifft er Gisela und sagt ihr: „Bei Mutter ist der Kühlschrank schon wieder leer.“

Was sagt Karl seiner Schwester mit diesem Satz? Neben der reinen Information über den leeren Kühlschrank (Sach-Ebene) könnte er meinen: „Ich begreife nicht, dass die Lebensmittel so schnell aufgebraucht sind.“ (Ich-Ebene) Er könnte weiter ausdrücken: „Du kümmerst Dich nicht gut genug um Mutter.“ (Beziehungs-Ebene) Und sein unausgesprochener Appell könnte sein: „Kauf endlich mal wieder ein, und sorge besser für Mutter.“

So könnte Gisela es verstehen und sich richtig darüber ärgern. Vielleicht hört sie aber auch etwas ganz anderes aus dem Satz und bedankt sich für den Hinweis (Sach-Ohr). Weiter könnte sie sagen: „Ich wundere mich auch, wo die Lebensmittel immer bleiben. Ich esse sie nicht.“ (Gegenüber-Ohr) Ihr Beziehungs-Ohr hört vielleicht einen leichten Vorwurf und sie antwortet etwas beleidigt: „Wieso bin immer ich dafür verantwortlich, kannst Du nicht auch mal einkaufen gehen?“ Und wenn sie auf ihr Appell-Ohr hört, könnte sie erwidern: „Ich habe gerade etwas Zeit und gehe gleich zum Supermarkt.“

Mit welchem Ohr wir jeweils hauptsächlich hören, hängt von verschiedenen Faktoren ab: von der Situation, von der Beziehung zu unserem Gegenüber oder auch von unserer augenblicklichen Verfassung.

Um Missverständnisse und daraus womöglich entstehenden Streit zu vermeiden, hilft es nachzufragen. Durch klare und direkte Nachfragen können Botschaften geklärt, Zweideutigkeiten ausgeräumt und persönliche Verletzungen vermieden werden. Das ist im Sinne beider Seiten.

Verstehen ohne Worte

Auch wenn sich Menschen nicht mehr mit Worten ausdrucken können, so ist eine Verständigung durch die Sprache des Körpers meistens weiter möglich. Ein Gesichtsausruck, die Körperhaltung, ein Augenkontakt, Gesten und besonders Körperberührungen ersetzen Worte.

Selbst bei Menschen, die auf den ersten Blick nicht mehr sichtbar reagieren, kann besonders durch den körperlichen Kontakt eine Verbindung hergestellt werden. So wie sensible Berührungen nehmen sie häufig auch einzelne Reize der fünf Sinne wahr.

Um das Sehen, Hören, Schmecken, Fühlen und Riechen zu stimulieren, gibt es zahlreiche
Möglichkeiten. Einige Beispiele:

– Tätigkeiten im Raum des gepflegten Menschen mit Sprache verbinden;
– Singen oder Summen bei Arbeiten im Raum;
– den Rhythmus der Tageszeiten betonen;
– Nahrungsaufnahme reizvoll und angenehm gestalten;
– Massagen mit gut duftenden Ölen oder Hilfsmitteln wie Igelbällen;
– verschiedenartige und –farbige Lichtquellen im Raum anbringen;
– kleine Wind- oder Wasserspiele im Raum installieren.

Durch Körperkontakt wird das Fühlen angesprochen. Dies kann als angenehm und beruhigend, aber auch als aufdringlich oder sogar bedrohlich empfunden werden. Ist der Kontakt kurz oder lang, sanft oder grob, erfolgt er durch eine vertraute Person oder einen fremden Menschen? Ebenso macht es einen Unterschied, ob Hand oder Schulter, Gesicht oder Bauch berührt werden. Fürsorge, Zuneigung und Liebe, aber auch Aggression und Dominanz können durch Berührungen vermittelt werden.

Ein spezielles Thema des Kontaktes ist die Körperpflege. Hier ist besonders sensibles Vorgehen gefragt, denn die Körperpflege macht intimste Berührungen unumgänglich. Sie bietet aber auch die Möglichkeit, die Beziehung zum Gepflegten zu stärken. Körperpflege signalisiert besondere Zuwendung.

Berücksichtigen Sie bei der Körperpflege feinfühlig die Gewohnheiten und Wünsche des Pflegebedürftigen. Versetzen Sie sich in seine Lage: Was wäre Ihnen angenehm?

Fördern Sie die Eigeninitiative des Pflegebedürftigen. Jeder Handgriff, der noch selbst geleistet werden kann, steigert das Selbstwertgefühl. Verbinden Sie die Körperpflege mit leichten Bewegungsübungen.

Achten Sie bei der Körperpflege auch auf sich. Es ist eine anstrengende Arbeit, die meistens besonders den Rücken strapaziert. Falsche Körperhaltung und einseitige Belastung können leicht zu schmerzhaften Rückenleiden führen. Informieren Sie sich bei Ihrer Krankenkasse, ob diese entsprechende Kurse anbietet oder finanziell unterstützt.

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